“Das Leben in der Freiheit kann man nur in Freiheit lernen.” (Johannes Feest) – Jugendstrafvollzug abschaffen!

Interview mit Johanns Feest, Kriminologe und Rechtssoziologe, 1974-2005 Professor an der Universität Bremen. pdf-download

“Heute wissen wir, dass die Rückfallquote von etwa 75% im Jugendvollzug höher ist als bei den Erwachsenen, wo sie bei rund 50% liegt.”

“Nach der UN-Kinderrechtskonvention, die für alle unter 18-Jährigen gilt, ist der Strafvollzug nur das letzte Mittel, das für die kürzestmögliche Dauer verhängt werden soll”.

“Für mich ist der Strafvollzug eine einzige Peinlichkeit.”

“Viel gescheiter wäre es, die Menschen möglichst freiheitsnah zu behandeln, das wäre dann auch wirklichkeitsnäher und die Jugendlichen wären mit den Schwierigkeiten des realen Lebens konfrontiert.”

Erschienen in: Zeitschrift der Straße Nr. 67 , Bremen März 2019

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Diskussionsbeitrag der SOAL zur Konzeption der geplanten Einrichtung “Klotzenmoorstieg” in Hamburg

Aus Fehlern der Vergangenheit lernen: Planung der Einrichtung Klotzenmoorstieg anders denken

“Das Leidvollste würde ich sagen, war das Eingesperrtsein und diese wirklich extreme Strenge. Das hat nichts mit normaler Strenge zu tun, wie man es mit seinen eigenen Kindern machen würde, sondern die extrem distanzierte Strenge und dieses, dieses ausgeliefert sein (…) gar nichts selbst entscheiden zu können, nicht mal den Toilettengang. Und diese Isolation, kein Kontakt zu den Eltern und mit den anderen Kindern, das war schon prägend.“ So beschreibt Fabian (Name geändert) seine Erfahrung, die er als Dreizehnjähriger in einer sogenannten „hochstrukturierten“ Jugendhilfeeinrichtung gemacht hat. 

Kein Kind, egal mit welcher Vorgeschichte, sollte eine solche Erfahrung machen müssen! Dennoch plant Hamburg gerade eine Einrichtung am Klotzenmoorstieg, wo es laut Koalitionsvertrag „im Einzelfall auch hoch strukturiert ausgestaltete intensivpädagogische Angebote“ geben soll. Zielgruppe sind Kinder an der Schnittstellen von Jugendhilfe und Psychiatrie. Im Klartext bedeutet ein „hochstrukturiertes“ Konzept: Den Kindern werden ihre Rechte entzogen, die sie sich durch Wohlverhalten schrittweise wieder erarbeiten müssen.

Diese Planung ist angesichts der Kinderrechtsdiskussion und des neuen Kinder- und Jugendschutzgesetzes, das Beteiligungsstrukturen vorschreibt, überholt. Hier muss Hamburg zwingend neu denken. SOAL möchte als Verband deshalb frühzeitig alternative Konzeptvorschläge in den Planungsprozess mit einbringen. Geschlossene Einrichtungen und Belohnungssysteme müssen endlich der Vergangenheit angehören, und die Erfahrungen betroffener Jugendlichen müssen konsequent in die Planungen einfließen!

Deshalb hat SOAL einen ganzen Strauß von Ideen entwickelt und sucht gemeinsam mit verantwortlichen Fachmenschen, Fachpolitiker*innen und Fachbehörden den Dialog. Wir möchten mit unseren Anregungen dazu beitragen, lebensweltorientiert und kindgerecht zu planen und die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.

Das detaillierte Diskussionspapier finden Sie unter diesem LINK.

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Treffen der Regionalgruppe Hessen

Aktuell trifft sich die Regionalgruppe Hessen nicht.

Für alle Interessierten oder bei Anfragen besteht nach wie vor die Möglichkeit unter

Hessen [ät] geschlossene-unterbringung.de

in Kontakt zu treten.

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Kinder- und Jugend­psychiaterin Charlotte Köttgen warnt vor der teilgeschlossenen Einrichtung “am Klotzenmoorstieg” (taz 10.06.2021)

SPD und Grüne in der Hamburger Regierungskoalition treiben die Umsetzung einer teilgeschlossenen Einrichtung für Kinder und Jugendliche (am Klotzenmoorstieg) voran, ein Kooperationsprojekt von Psychiatrie und Jugendhilfe. Kinder sollen dort gezwungen werden, ein Drei-Phasenmodell zu durchlaufen. Die erste Phase ist mit Einschluss verbunden, also freiheitsentziehende Maßnahmen. Diese Methoden haben Ähnlichkeiten mit US-Amerikanischen Boot-Camps.

“Erfahrungsgemäß schaffen geschlossene Einrichtungen genau die Probleme, die sie verhindern wollen – starre Regeln, Widerstand, Gewalt, Entweichungen”, sagt Charlotte Köttgen. In den inzwischen geschlossenen Heimen, Haasenburg GmbH (Brandenburg) und im Friesenhof (Schleswig Holstein), führten solche Konzepte zu Gewaltübergriffen und Traumatisierungen von Kindern und Jugendlichen.

Charlotte Köttgen warnt davor. Sie ist pensionierte Kinder- und Jugend­psychiaterin und leitete von 1984 bis 2003 Hamburgs Jugend­psychologischen und Jugendpsychiatrischen Dienst (JPPD) und wird in diesem Beitrag in der taz vom 10. Juni 2021 interviewt.

Es gälte stattdessen anzuknüpfen an die wissenschaftlich evaluierten, positiven Erfahrungen der Hamburger Jugendhilfe von 1984-2003. Hamburgs sollte damit aufhören, ca. 1.6oo Kinder in auswärtigen (schwer kontrollierbaren) Einrichtungen unterzubringen. “Tauchen bei Kindern Probleme auf, auch wenn es psychiatrisch genannte sind, sollte man im Lebensfeld nach Hilfsmöglichkeiten suchen und dort Verbesserung schaffen, wo sie nicht zurecht kommen.”

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Fachforum auf dem 17. Deutscher Kinder- und Jugendhilfetag 18. – 20. Mai 2021

Mit ca. 130 Teilnehmer:innen war das Fachforum “Aktionsbündnisse gegen Freiheitsentzug und geschlossene Unterbringung: Entwicklungen und Einsprüche aus der Jugendhilfe am 18. Mai 2021 ausgebucht und ein voller Erfolg. Der Ablauf (90 min):

1.) Kurzstatements aus den Aktionsbündnissen verschiedener Bundesländer: Aktuelle fachpolitische Entwicklungen und zentrale Einsprüche

1.1.) Prof. Dr. Tilman Lutz: historischer Abriss, Situation in Hamburg und Einsprüche I
1.2.) Rodolfo Bohnenberger: Die Situation in Bremen und Einsprüche II
1.3.) Prof. Dr. Nicole Rosenbauer, Prof. Dr. Simone Janssen: Situation in Sachsen und Einsprüche III
1.4.) Prof. Dr. Diana Düring: Situation in Thüringen und Einsprüche IV
1.5.) Aktionsbündnis Hessen: Situation in Hessen

2.) “Breakout-Sessions” (Arbeitsgruppen): Lokale Erfahrungen der Teilnehmer*innen – Aspekte zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Jugendhilfe jenseits von Freiheitsentzug.

3.) Zusammenführung der kritischen Positionen sowie der zentralen Aspekte für eine Jugendhilfe ohne GU/FeM. Gemeinsame Abschlusserklärung, vorgestellt von Prof. Dr. Timm Kunstreich und Prof. Dr. Friedhelm Peters.

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Offener Brief an Bremer Bürgerschaftsabgeordnete und Senatsmitglieder aus Sorge um die Entwicklungen in der Kinder- und Jugendhilfe

Bremen, 07. April 2021

Sehr geehrte Frau / Herr Abgeordnete/r in der Bremer Bürgerschaft,

ich wende mich an Sie (Abgeordnete bzw. Senatsmitglieder) aus Sorge um die Entwicklungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Ich war 13 Jahre lang als Diplomsozialpädagoge und Familientherapeut in der Bremer Kinder- und Jugendhilfe tätig und hatte im Anschluss drei Jahre lang einen Lehrauftrag im Studiengang Soziale Arbeit (Hochschule Bremen). Meine Anliegen gliedern sich in zwei Teile.

Im ersten Teil geht es um die Reformabsichten zu den gesetzlichen Grundlagen, die zur Zeit im Bundestag und Bundesrat (Reform SGB VIII) anhand eines von SPD/CDU eingebrachten Gesetzentwurfes zur Abstimmung anstehen.

Im zweiten Teil geht es um Bremer Familien, Kinder und Jugendliche, die von stationären Unterbringungen in sog. „intensivpädagogischen“, oder (teil)geschlossenen Einrichtungen (auch in der Jugendpsychiatrie) betroffen sind. Dazu übersende ich Ihnen einen angehängten Fragenkatalog, als Vorschlag für eine parlamentarische Anfrage.

Zu I.

Seit 12 Jahren wird an einer „Reform“ des Sozialgesetzbuch SGB VIII – unter dem Namen „Kinder- und Jugendstärkungsgesetz KJSG“ – gearbeitet. Im Bremer Bündnis Soziale Arbeit haben wir seit Gründung 2011 kritisch diesen Prozess begleitet und etliche Fachtage dazu organisiert. (https://bremerbuendnissozialearbeit.jimdofree.com/stellungnahmen/stellungnahmen-zur-geplanten-sgb-viii-novelle/) Ich bin in sehr großer Sorge angesichts der negativen Konsequenzen für die Lebenswirklichkeit der betroffenen Familien und Kinder, die sich aus den vorliegenden Entwürfen ergeben könnten.

Meines Erachtens würden mit dem zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf im Bundestag und Bundesrat statt präventiver Unterstützung von Familien und Kindern in prekären Lebenslagen lediglich die staatlichen Kontrollinstanzen innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe unter dem Schlagwort „Kinderschutz“ weiter ausgebaut. Ich war selbst in den 1970er und 1980er Jahren beteiligt an den Bemühungen für die dringend notwendige Reform der „Jugendfürsorge“, die schließlich ab 1991 einmündete in das heute in seinen Grundzügen noch geltende Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Danach sind Kinder (zumindest laut Gesetz) nicht mehr OBJEKTE staatlicher, eingreifender „Fürsorge“, sondern zu respektierende SUBJEKTE; und ihre Familien haben, unserem Grundgesetz entsprechend, einen Rechtsanspruch auf eine angemessene und dem je besonderen Bedarf ihrer Kinder entsprechende Hilfe.

Nunmehr sollen aber laut vorliegendem Gesetzentwurf „Wege“ eingebaut werden, diesen Rechtsanspruch zu umgehen; und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die ohnehin seit Jahren „zusammengesparten“ offenen und präventiven Bereiche leider nicht – wie zu wünschen wäre – rechtlich und finanziell gestärkt. Genau dies wird seit Jahren von den betroffenen Familien und jungen Menschen und den „vor Ort Fachkräften“ gefordert und fand trotzdem keinen Eingang in den Gesetzentwurf.

Wir bräuchten aber eine Verbesserung der bisherigen Hilfeangebote, um Familien zu unterstützen, auch in krisenhaften Lebensphasen ihre Lebensumstände wieder zu einem Ort des guten Gelingens werden zu lassen. Was jetzt möglicherweise kurzfristig Kosten senkt, könnte zukünftig teure stationäre Fremdunterbringungen noch weiter ansteigen lassen.

Vor allem die wünschenswerte Inklusion könnte – wegen fehlender, bzw. nicht zugewiesener finanzieller Ressourcen – zu immensen Mehrkosten der ohnehin bereits „klamm gemachten“ Kommunen führen, und zur Folge haben, dass „arme Familien“ unzulässigerweise in Budget-Konkurrenz gesetzt werden mit „Familien mit behinderten Kindern“.

Der bisherige Gesetzentwurf, sowie die bekannt gewordenen Änderungsbedarfe des Bundesrates, auf den der Bremer Senat durchaus Einfluss hat, würde mit ihrer Vielzahl bürokratischer Vorgaben – abseits von pädagogischer Qualität – einhergehen und Sachzwänge schaffen, die an den Bedarfen der Familien und ihrer Kinder vorbeigeht. Es fehlen auch qualitative und quantitative Vorgaben, die den regionalen Jugendämtern und den von ihnen beauftragten Trägern bei der Gewährleistung notwendiger Qualität Orientierung geben würden.

Die Kinder- und Jugendhilfe läuft damit Gefahr, gegenüber prekär lebenden Familien als zu „verwaltende Problemträger“ zu intervenieren – ganz entgegen dem Anspruch im bisherigen SGB VIII, sich an der Lebenswelt der Adressaten zu orientieren und die Förderung von Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung anzustreben (Hilfe zur Selbsthilfe).

Anbei finden Sie ergänzend einen offenen Brief von FachkollegInnen, zum Teil auch ehemalige Leiterinnen von Jugendämtern, die ebenso wie ich in großer Sorge sind in Bezug auf die weiteren Entwicklungen in der Jugendhilfe. Mein Eindruck ist, dass vielen Abgeordneten die massiven Auswirkungen des vorliegenden Gesetzesentwurfes kaum bekannt sind.

Bitte setzen Sie sich stattdessen dafür ein, dass der Familienbezug, die Fachlichkeit, die Lebensweltorientierung und die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe verbessert wird, statt sie noch zusätzlich zu belasten. Dazu gehört auch, dass vor Ort in den Jugendämtern keine neuen Kosten-Konkurrenzen entstehen und der Bund für eine entsprechende Absicherung der zusätzlichen Aufgaben sorgt.

Zu II.

Aus Sorge um die zunehmende Zahl von Kindern und Jugendlichen, die aus ihren Familien „genommen“ und in (teil)geschlossenen Heimeinrichtungen untergebracht werden, rege ich an, den angehängten Fragenkatalog in Form einer parlamentarischen Anfrage in der Bürgerschaft zu debattieren. Da die Regierungsparteien in der Regel wenig Interesse haben, ihr eigenes Regierungshandeln einer kritischen Prüfung zu unterziehen, besonders vor den Wahlen, wäre dies die ureigenste Aufgabe der Opposition.

Fragen an den Bremer Senat zur Fremdunterbringung in der Kinder- und Jugendhilfe:

  • Haben wir in Bremen Kinder- und Jugendheime mit Teilschließung?
  • Haben wir in Bremen Heime, wo Token- und Phasenmodelle (Dressurmodelle) eingesetzt werden?
  • Haben wir in Bremen eine geschlossene Einrichtung für junge Menschen?
  • Wie viele junge Menschen werden in (teil)geschlossenen Einrichtungen außerhalb Bremens untergebracht?

Eine ausführliche Präzisierung der Fragen und Erläuterung der dazugehörigen Anlässe in der bremischen Jugendhilfe findet sich im Anhang dieser Mail.

Weitere Informationen finden sich auch hier: https://bremerbuendnissozialearbeit.jimdofree.com/gegen-geschlossene-unterbringung/

Mit freundlichen Grüßen

Rodolfo Bohnenberger

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Suizid eines 24-jährigen aus Hamburg, einem ehemaligen Heimkind der HAASENBURG

Die taz-Hamburg berichtet am 22. März 2021 über das Schicksal eines jungen Hamburgers, der “im Alter von zwölf Jahren … auf Betreiben des Jugendamtes für 13 Monate in eines der später geschlossenen Haasenburg-Heime in Brandenburg gekommen [ist]”. Diese 13 Monate hinterließen bleibende Schäden. “In einem Ruhewald bei Pinneberg wurde am 10. März Jonas L. beerdigt. Der junge Hamburger wurde nur 24 Jahre alt. Er nahm sich das Leben.” https://taz.de/Tod-eines-ehemaligen-Heimkindes/!5756902/

Der zweite taz-Beitrag vom 23.03.2021 widmet sich der fortdauernden Verdrängung der Mitverantwortung der Hamburger SPD, besonders ihres damaligen Sozialsenators Detlef Scheele, seit 1. April 2017 Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. taz-Titel: “Gequälte Kinder in den Haasenburg-Heimen: Die SPD und ihre Opfer. Hamburgs SPD hat Kinder in Brandenburger Heime abgeschoben und weggeschaut, als sie dort gequält wurden. Dafür muss sie endlich um Verzeihung bitten.” https://taz.de/Gequaelte-Kinder-in-den-Haasenburg-Heimen/!5756903/

Fast alle Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen in der Hasenburg GmbH verliefen im Sande. Und trotz vielfältiger Initiativen der betroffenen Mütter mehrerer Haasenburg-Jugendlicher fanden bis heute keine Gespräche, geschweige denn verzeihende Gesten von den Verantwortlichen der Hamburger SPD-Sozialpolitik statt.

Melanie Leonhard war früher Jugendpolitikerin der SPD, auch mit der Haasenburg befasst und ist die heutige Hamburger Sozialsenatorin. Mütter schlagen nun vor, Hamburg solle einen Fonds einrichten, aus dem alle Betroffenen entschädigt werden.

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“Alternativen sind immer möglich”. Ein kurzer Bericht aus dem Thüringer Bündnis gegen Geschlossene Unterbringung

Das Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung in Thüringen trifft sich derzeit alle 4 bis 6 Wochen virtuell. Aktuell sind die Eröffnung und Betriebsaufnahme einer sog. „Geschützten Unterkunft“ im thüringischen Mühlhausen Gegenstand der Diskussion.

Allen kritischen Stimmen aus Gesellschaft, Wissenschaft und Politik zum Trotz bekam die geschlossene Einrichtung eine Betriebserlaubnis und konnte im Mai 2020 eröffnen. Die mögliche Signalwirkung, die von dieser Einrichtung, die die erste ihrer Art in den neuen Bundesländern ist, ausgehen könnte, ist besorgniserregend. Ziel des Aktionsbündnisses ist nun, die (Fach)Öffentlichkeit über die bestehenden Widersprüche in der Thüringer Diskussion um die vorgebliche ‚Notwendigkeit‘ von Geschlossener Unterbringung aufzuklären und Alternativen innerhalb der Jugendhilfe aufzuzeigen.

In dem Kontext trafen sich Bündnisteilnehmer*innen mit den jugendhilfepolitischen Sprecher*innen der rot-rot-grünen Landesregierung. Außerdem lud das Bündnis am 2. Februar 2021 zu einer digitalen Informationsveranstaltung ein. Bei dem gut besuchten Treffen stellte das Bündnis seine Positionen sowie aktuelle Entwicklungen und anstehende Veranstaltungen vor. Die nächste digitale Informations- und Kennenlern-Veranstaltung ist für Ende April/Anfang Mai angedacht.

Dass alternative Modelle zur geschlossenen Unterbringung nicht nur aus der Praxis nachweisbar möglich sind, sondern sich die Notwendigkeit dieser vor allem auch politisch-juristisch begründet, argumentierte am 19. Januar 2021 Prof. Dr. Friedhelm Peters (EHS Dresden) in seinem Vortrag „Heimerziehung und Kritische Soziale Arbeit. Strategien gegen Geschlossene Unterbringung“. Im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung des AKS Magdeburg gab er einen Überblick zu den Entwicklungen geschlossener Unterbringung innerhalb der Jugendhilfe der letzten 30 Jahre. Während Ende der 90er Jahre die Anzahl an Plätzen in geschlossener Unterbringung einen historischen Tiefstand erreichte, ist seit circa zehn Jahren ein Anstieg zu verzeichnen. Neben der Frage, was geschlossene Unterbringung eigentlich sei, und wie sie unter der euphemistischen Begrifflichkeit einer “intensiv-pädagogischen” Betreuung fortlebe, zeigte er vor allem auf, wie freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die UN-Kinderrechtskonvention bzw. die Kinderrechte verstoßen. Den Vortrag kann man auf dieser Website des bundesweiten Aktionsbündnisses, zu dem das Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung Thüringen gehört, nachhören.

Zur Beantwortung der Frage „Wie soll Kinder- und Jugendhilfe prospektiv gestaltet werden, um Kinder bestmöglich zu schützen und ihre Rechte zu stärken“ trafen sich am 4. März 2021 auf Einladung der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen zahlreiche Vertreter*innen regionaler Institutionen der Jugendhilfe und des Kinderschutzes. Eingeladen waren hier auch für den Kinderschutzbund Carsten Nöthling und Prof. Dr. Diana Düring (EAH Jena). In ihrem Statement wiesen sie u.a. auf die bestehenden Widersprüche bzw. nicht einlösbaren Ansprüche hin, das Kindeswohl innerhalb geschlossener Einrichtungen sicherzustellen.

Das nächste Treffen des Thüringer Bündnisses findet am 23. März 2021 um 9:00 Uhr online statt. Bei Interesse an einer Teilnahme an den Treffen oder für weitere Informationen zum Thüringer Bündnis gegen Geschlossene Unterbringung bitte an gguth (at) posteo.de wenden.

f.d. Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung Thüringen: Juliane Weiß, Mitarbeiterin Bildung, Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit in der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof

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Die AWO setzt sich im Saarland für die Geschlossene Unterbringung junger Menschen ein ?

Mit der Arbeiterwohlfahrt als Träger gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen in Homburg im Saarland, eine geschlossene Unterbringung für sog. “Systemsprenger” oder “schwer erziehbare” junge Menschen einzurichten. Laut Presseberichten (unten verlinkt) sei “der Bedarf einer solchen Einrichtung hierzulande … laut AWO und Diakonie nicht abzustreiten.” Das Jugendamt des Regionalverbandes Saarbrücken sei ebenfalls involviert bei der Institutionalisierung von Einrichtungen mit freiheitsentziehenden Maßnahmen (GU). Und “der Landesjugendhilfeausschuss habe … Leitlinien für eine geschlossene Unterbringung im Saarland beschlossen.” (Saarbrücker Zeitung 31.07.2018)

In den Presseberichten und Medien des Saarlandes erscheint es so, als ob die vielen fundierten wissenschaftliche Erkenntnisse, die gegen GU sprechen, die hinlänglich dokumentierten pädagogische Misserfolge mit Geschlossener Unterbringung, die UN-Kinderrechtskonvention und die traumatisierenden Folgen für die “jugendlichen Insassen” in den politischen Entscheidungsgremien gar keine Rolle mehr zu spielen scheinen, sondern fast ausschließlich über fehlende Kapazitäten und finanzielle Einsparungen gesprochen wird, bzw. die “falsche Örtlichkeit” von der Kommunalpolitik bemängelt wird. Das Problem sei danach, dass es zu wenig geschlossene Heimplätze gäbe und es zudem viel teurer wäre, die Kinder und Jugendlichen in Geschlossenen Heimeinrichtungen außerhalb des Saarlandes unterzubringen.

2018: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/hinter-gittern-soll-erzogen-werden_aid-24159209

2020 https://www.pressreader.com/germany/saarbruecker-zeitung/20200710/281492163609740

2020: https://www.sr.de/sr/sr3/themen/panorama/streit_um_geplantes_awo_jugendheim_in_homburg_100.html

2021: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saar-pfalz-kreis/homburg/infos-ueber-geplantes-awo-jugendheim-verzoegern-sich_aid-56653647

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Anmerkungen zur geplanten Einrichtung “Klotzmoorstieg” in Hamburg (Hamburgische Gesellschaft für soziale Psychiatrie)

Wieder einmal beschließt die Politik in Hamburg, diesmal SPD und Grüne, dass eine geschlossene Einrichtung geplant werden soll, die zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie angesiedelt wird.

Zu dem Projekt äußern sich Fachverbände kritisch, hier die hamburgische Gesellschaft für soziale Psychiatrie, e.v. (HGSP), Dr. Charlotte Köttgen, Jugendpsychiaterin.

Download der Stellungnahme als pdf. Auszug: “Eine interdisziplinäre, sozialräumlich orientierte Zusammenarbeit, wie die Arbeit der Koordinierungsstelle beim DPWV Hamburg ist längst eine überwiegend gelingende Praxis. Dieses Modell wäre vordringlich zu diskutieren.
Geeignete Hilfen, auch bei besonders Schwierigen, können mit Kooperation und Mut für jeden Einzelfall entwickelt werden.”

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