Dressur zur Mündigkeit?
Rechtsgutachten im Auftrag des Aktionsbündnisses
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Statements gegen Geschlossene Unterbringung
Dr. med. Charlotte Köttgen, Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie, Hamburg.
Erziehung kann nur in Freiheit gelingen In all den Jahren meiner langjährigen Tätigkeit in den Bereichen der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist der wiederkehrende Versuch, Jugendliche in geschlossenen Einrichtungen durch Zwang erzieherisch zu „bessern“, immer wieder gescheitert. Die schon ritualisierten Forderungen nach härteren Strafen und Einsperren dienten meistens durchsichtigem, wahlkampftaktischem Kalkül. Getrieben wurde die Politik durch die, besonders von der Boulevardpresse, geschürte Straflust und war am Ende doch gezwungen solche Einrichtungen wieder zu schließen.
Sowohl in dem sogenannten „Kinderknast Feuerberg“ in Hamburg, wie in anderen Versuchen geschlossener Unterbringungen, z.B. der „Haasenburg“ wurden Rechtsverstöße, Misshandlungen, Entweichungen und ein System der demütigenden Gewalt bekannt, deshalb mussten sie geschlossen werden, wie schon die repressiven Verwahranstalten mit ihrer 200 jährigen, unseligen Geschichte, deren, wie es hieß „elenden, menschenunwürdigen“ Bedingungen zu Unselbstständigkeit, Hospitalisierung, Apathie und Verblödung geführt hatten, statt zu Integration oder Heilung.
Hamburg ist 20 Jahre ohne eine Institution für geschlossene Unterbringung in der Jugendhilfe ausgekommen. Nach Auflösung der geschlossenen Heime - 1980 per Senatsbeschluss durchgesetzt - gab es über 10 Jahre repressionsfreie Heimerziehung, die nachweislich erfolgreich war, wie an Hand einiger Fakten sogar belegt werden kann: Innerhalb von 10 Jahren verringerten sich die Verurteilungen Jugendlicher um 2/3, ohne dass die Kriminalitätsrate – wie stets prophezeit wurde – anstieg. 900 Heimplätze konnten abgebaut werden, die frei gewordenen Gelder flossen in alternative Hilfen im Lebensumfeld, auf auswärtige Unterbringungen wurde weitestgehend verzichtet, dafür wurde massiv in die Qualifizierung der Sozialarbeit investiert, (Schone, 1991, Sozialsenator war Jan Ehlers).
Obwohl es nie ein Versprechen gab, Jugendkriminalität verhindern zu können, wurde gleichwohl bei jedem Skandal über Einzelfälle, die (liberale) Jugend- und Sozialhlfe als System verunglimpft: „Die Jugendhilfe hat versagt“ heißt es dann und schon nach den ersten 10 Jahren wurde versucht, wieder mehr Repression einzufordern. Zwischenzeitlich arbeitet seit fast 4 Jahren sehr erfolgreich eine Koordinierungsstelle, angesiedelt im Rahmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die sich der extrem schwierigen Fälle annimmt, das sind traumatisierte und delinquent gewordene Jugendliche aus sozialen Problemlagen. Einige hatten sogar einen richterlichen Einweisungsbeschluss für Zwangsmaßnahmen. Ziel ist es jedoch alternative Hilfen zu entwickeln.
Es zeigte sich, dass geeignete Hilfen besonders dann wirksam sind, wenn die Einbeziehung und Mitwirkung der Betroffenen und ihrer Familien gelingt. So konnte – ganz ohne Skandale - auf Zwangsmaßnahmen in dieser Arbeit verzichtet werden. Eine so geartete Versorgungsstruktur der Erziehung ohne Zwang verdient fachpolitische Unterstützung, sie verlangt Mut und muss wieder modellhaft verbreitet werden.
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Schlagwort-Archive: Jugendhilfe
Anmerkungen zur geplanten Einrichtung “Klotzmoorstieg” in Hamburg (Hamburgische Gesellschaft für soziale Psychiatrie)
Wieder einmal beschließt die Politik in Hamburg, diesmal SPD und Grüne, dass eine geschlossene Einrichtung geplant werden soll, die zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie angesiedelt wird. Zu dem Projekt äußern sich Fachverbände kritisch, hier die hamburgische Gesellschaft für soziale Psychiatrie, e.v. … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Geschlossene Unterbringung, Hamburg, HGSP, Jugendhilfe, Jugendpsychiatrie, Klotzmoorstieg
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Broschüre zu Erfahrungen mit Geschlossener Unterbringung und freiheitentziehenden Maßnahmen in Jugendhilfe und Psychiatrie erschienen
Kinder und Jugendliche können in Deutschland auf der Grundlage des § 1631 b BGB geschlossen untergebracht werden und erfahren Freiheitsentziehung in stationären Einrichtungen der Heimerziehung. Sowohl die geschlossene Unterbringung als auch freiheitsentziehende Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe bedürfen aufgrund … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Beschwerde, Beteiligung, Bröschüre, Erfahrungen, Familiengericht, freiheitentziehende Maßnahmen, GU, Jugendhilfe, Jugendpsychiatrie, § 1631 b BGB
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VERSCHOBEN! Zwang ist kein Schutz. Gegen Geschlossene Unterbringung in der Jugendhilfe – eine Veranstaltung (nun im Sommer/Herbst 2021) in Jena
Unsere für den 2. Februar 2021 in Jena (s.u.) angekündigte Veranstaltung „Zwang ist kein Schutz“ mussten wir leider angesichts der aktuellen Pandemiesituation auf den Sommer/Herbst verschieben. Alle, die sich aber jetzt schon für unsere Arbeit interessieren oder sich engagieren wollen, … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit gegen GU, Heimerziehung, Jugendhilfe, Jugendwerkhof Torgau, Repression, Zwangserziehung
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„ErziehungsZwang – ZwangsErziehung“ – Eine Veranstaltungsreihe zu historischen und aktuellen Aspekten der Jugendhilfe
05. bis 16. Oktober 2020 in Jena. Erziehung stellt sich in offenbar für jede Gesellschaft als unverzichtbar dar. Auch wenn die jeweiligen Idealvorstellungen und Begründungen differieren, der Erziehungszwang wird kaum in Frage gestellt. In Kontexten der Jugendhilfe wurde und wird … Weiterlesen
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Verschlagwortet mit Dokumentarfilm, gegen GU, Heimerziehung, Jugendhilfe, Jugendwerkhof Torgau, Repression, Zwangserziehung
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Offener Brief von jungen Menschen an die Fachkräfte aus Psychiatrie und Jugendhilfe (Video)
Eine Jugendliche liest am 5. Febr. 2020 den offenen Brief der jungen Menschen vor, der im Rahmen des Projekts des KJRV Dresden entstanden ist: Ort war die Fachtagung „Erziehung in Würde und Freiheit? Geschlossene Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen nach § … Weiterlesen
Veröffentlicht unter Aktuelle Materialien, Sachsen, Stellungnahmen
Verschlagwortet mit gegen GU, Jugendhilfe, Jugendliche, Jugendpsychiatrie, Offener Brief, Sachsen, Video, Würde und Freiheit
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TAZ-Nord: Der Weg vorbei am Kinderknast
Jugendhilfe in Hamburg Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) lässt Alternativen zu geschlossenen Heimen entwickeln, hält parallel dazu aber an seinen alten Plänen fest. Pilotprojekt für 15 Fälle. Nach der Schließung der Haasenburg-Heime hat SPD-Sozialsenator Detlef Scheele ein eigenes geschlossenes Heim angekündigt. … Weiterlesen
Charlotte Köttgen: Die Gesellschaft und ihre Jugend
Juni 2003 1. Einleitung Wenn Jugend in der Öffentlichkeit überhaupt Thema ist, dann wird über Risiken, Gewaltbereitschaft, Kriminalität und psychische Störungen geredet. Jugend ist doch der Hoffnungsträger und die Zukunft jeder Gesellschaft. Nicht bei uns? Kindern und Jugendlichen bereitet es … Weiterlesen
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Norbert Struck: Die GU von Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe ist nach wie vor keine Lösung
Mai 2002 | Norbert Struck Jugendhilfe ist auch für straffällig gewordene Kinder und Jugendliche zuständig. Sie muß diese Zuständigkeit aber unterstützend und nicht strafend/einsperrend wahrnehmen. Thesen zur Diskussion um die geschlossene Unterbringung. Plädoyer für mehr sozialräumliche Vernetzung von Hilfsangeboten und … Weiterlesen
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