Tagung “Konflikte um Heimerziehung und Einschluss heute” am 4.3.2022 in Hamburg
Ein Bericht von der Tagung ist hier zu finden:
Dressur zur Mündigkeit?
Rechtsgutachten im Auftrag des Aktionsbündnisses
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Statements gegen Geschlossene Unterbringung
Dr. med. Charlotte Köttgen, Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie, Hamburg.
Erziehung kann nur in Freiheit gelingen In all den Jahren meiner langjährigen Tätigkeit in den Bereichen der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist der wiederkehrende Versuch, Jugendliche in geschlossenen Einrichtungen durch Zwang erzieherisch zu „bessern“, immer wieder gescheitert. Die schon ritualisierten Forderungen nach härteren Strafen und Einsperren dienten meistens durchsichtigem, wahlkampftaktischem Kalkül. Getrieben wurde die Politik durch die, besonders von der Boulevardpresse, geschürte Straflust und war am Ende doch gezwungen solche Einrichtungen wieder zu schließen.
Sowohl in dem sogenannten „Kinderknast Feuerberg“ in Hamburg, wie in anderen Versuchen geschlossener Unterbringungen, z.B. der „Haasenburg“ wurden Rechtsverstöße, Misshandlungen, Entweichungen und ein System der demütigenden Gewalt bekannt, deshalb mussten sie geschlossen werden, wie schon die repressiven Verwahranstalten mit ihrer 200 jährigen, unseligen Geschichte, deren, wie es hieß „elenden, menschenunwürdigen“ Bedingungen zu Unselbstständigkeit, Hospitalisierung, Apathie und Verblödung geführt hatten, statt zu Integration oder Heilung.
Hamburg ist 20 Jahre ohne eine Institution für geschlossene Unterbringung in der Jugendhilfe ausgekommen. Nach Auflösung der geschlossenen Heime - 1980 per Senatsbeschluss durchgesetzt - gab es über 10 Jahre repressionsfreie Heimerziehung, die nachweislich erfolgreich war, wie an Hand einiger Fakten sogar belegt werden kann: Innerhalb von 10 Jahren verringerten sich die Verurteilungen Jugendlicher um 2/3, ohne dass die Kriminalitätsrate – wie stets prophezeit wurde – anstieg. 900 Heimplätze konnten abgebaut werden, die frei gewordenen Gelder flossen in alternative Hilfen im Lebensumfeld, auf auswärtige Unterbringungen wurde weitestgehend verzichtet, dafür wurde massiv in die Qualifizierung der Sozialarbeit investiert, (Schone, 1991, Sozialsenator war Jan Ehlers).
Obwohl es nie ein Versprechen gab, Jugendkriminalität verhindern zu können, wurde gleichwohl bei jedem Skandal über Einzelfälle, die (liberale) Jugend- und Sozialhlfe als System verunglimpft: „Die Jugendhilfe hat versagt“ heißt es dann und schon nach den ersten 10 Jahren wurde versucht, wieder mehr Repression einzufordern. Zwischenzeitlich arbeitet seit fast 4 Jahren sehr erfolgreich eine Koordinierungsstelle, angesiedelt im Rahmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die sich der extrem schwierigen Fälle annimmt, das sind traumatisierte und delinquent gewordene Jugendliche aus sozialen Problemlagen. Einige hatten sogar einen richterlichen Einweisungsbeschluss für Zwangsmaßnahmen. Ziel ist es jedoch alternative Hilfen zu entwickeln.
Es zeigte sich, dass geeignete Hilfen besonders dann wirksam sind, wenn die Einbeziehung und Mitwirkung der Betroffenen und ihrer Familien gelingt. So konnte – ganz ohne Skandale - auf Zwangsmaßnahmen in dieser Arbeit verzichtet werden. Eine so geartete Versorgungsstruktur der Erziehung ohne Zwang verdient fachpolitische Unterstützung, sie verlangt Mut und muss wieder modellhaft verbreitet werden.
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Debatte um geschlossene Unterbringung in Bremen
Am 10. Mai 2015 wurde in Bremen die Bremische Bürgerschaft neu gewählt. Vor diesem Hintergrund versuchte der Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) mit Law and Order-Maßnahmen zu punkten und sprach sich angesichts einer kleinen Gruppe von auffälligen minderjährigen Geflüchteten für die … Weiterlesen
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Ein bisschen Einschluss gibt es nicht!
Michael Lindenberg und Tilman Lutz kommentieren in der aktuellen Ausgabe des FORUM für Kinder- und Jugendarbeit (04/14) den Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom April 2014 „Vorschläge zu Maßnahmen für besonders ‘schwierige’ Kinder und Jugendliche in Erziehungshilfen“. Vgl. dazu den Kommentar des … Weiterlesen
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Die Jugendhilfeeinrichtung “Schönhof” in MV und ihre Parallelen zur “Haasenburg”
Wir möchten an dieser Stelle auf einen sehr lesenswerten Artikel in der Ausgabe 3 / 2014 des FORUM für Kinder- und Jugendarbeit von Ronald Prieß und Michael Lindenberg hinweisen, in dem die Autoren Parallelen zwischen der Jugendhilfeeinrichtung “Schönhof” in Mecklenburg-Vorpommern … Weiterlesen
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Artikel zur “Geschlossenen Unterbringung” im Kritischen Glossar der Hilfen zur Erziehung
Michael Lindenberg und Tilman Lutz haben in dem kürzlich publizierten “Kritischen Glossar der Hilfen zur Erziehung” (erschienen in der Reihe “Grundsatzfragen” der Internationalen Gesellschaft für Erzieherische Hilfen e.V.) einen kompakten Überblicks-Aufsatz zum Stichwort “Geschlossene Unterbringung” geschrieben, den wir an dieser … Weiterlesen
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“Kooperationspool Familienrechtliche Geschlossene Unterbringungen in Hamburg” (M. Lindenberg, T. Lutz)
Überlegungen zu Organisation, Grundsätzen und Verfahren zur Vermeidung von Geschlossener Unterbringung in Hamburg Prof. Dr. Michael Lindenberg und Prof. Dr. Tilman Lutz, Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie für das Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung, Oktober 2013 [Download als PDF-Dokument] … Weiterlesen
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Michael Lindenberg: “Modern Talking” für die Geschlossene Unterbringung. Eine Antwort auf den Projektbericht des DJI
Oktober 2006 Viel Lärm und Geräusch wird um die geschlossene Unterbringung erzeugt. Viel Lärm und Geräusch um eine Sache, von deren aktueller Praxis wir – selbst in der Fachwelt – nicht so viel wissen. Wir sprechen oft genug nur vom … Weiterlesen
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Michael Lindenberg: Geschlossene Unterbringung: Scharnier zwischen Life-Coaching und Sozialem Ausschluss
Januar 2006 | erschienen in: (Hrsg.) DVJJ, Verantwortung für die Jugend, Dokumentation des 26. Deutschen Jugendgerichtstages vom 25.9.-28.9.2004 in Leipzig, Schriftenreihe der DVJJ Bd 37, Mönchengladbach 2006 Einleitung In meinem Beitrag will ich die Entwicklung zu einer punitiver werdenden Jugendhilfe … Weiterlesen
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Michael Lindenberg: Erziehung oder Zwang. Zur Bedrohung sozialpädagogischen Handelns in der Jugendhilfe durch Geschlossene Unterbringung
November 2005 In meinem Beitrag gehe ich davon aus, das es ethisch und moralisch nicht vertretbar ist, sich nur in vorbehaltloser Parteilichkeit für den Willen der Klienten einzusetzen, sondern dass es für eine sozial-pädagogische Handlungsorientierung in der Jugendhilfe auch erforderlich … Weiterlesen
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Michael Lindenberg, Hans Josef Lembeck: Das Familien-Interventions-Team (FIT) in Hamburg. Arbeitsauftrag, Chronik, Kritik
Mai 2003 Im Sommer vergangenen Jahres meldete die staatliche Pressestelle Hamburgs im Zusammenhang mit den politischen Plänen zur der Wiedereinführung der geschlossenen Unterbringung in der Jugendhilfe: “Neu ist insbesondere ein sogenanntes Familien-Interventions-Team (FIT), das erstmals alle Daten delinquenter Kinder und … Weiterlesen
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Michael Lindenberg: Enthält die geschlossene Unterbringung Freiheitsentzug? Eine Glosse
Mai 2003 Was kann ich noch Neues über die geschlossene Unterbringung von Kindern und Jugendlichen schreiben? Mein Schreibtisch ist bedeckt mit Papieren, die zu dem Thema bereits verfaßt worden sind. Ich setze mich hin und lese alles noch einmal durch. … Weiterlesen
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